Und jährlich grüßt das Murmeltier: Der HSV in der Saison 20/21

Oft genug ins Tor getroffen haben sie, doch gereicht hat es trotzdem nicht.
(Bild: hsv.de)

Es begann schon im März, als die ersten üblichen Nachrichten per WhatsApp eintrudelten: „Was sind die Anzeichen dafür, dass der Frühling vor der Tür steht? Es wird wärmer, die Tage werden länger, die ersten Blumen blühen und der HSV beginnt, den Aufstieg zu verkacken“ … Ha ha … Dieses Mal nicht! Dieses Mal packen wir es mit dem Aufstieg! Dachte ich und auch viele Leidensgenossen. Doch leider sollte es sich auch dieses Mal bewahrheiten, der HSV belegt zum Saisonende zum dritten Mal hintereinander den undankbaren vierten Platz. Doch wie konnte es dazu kommen, wollte man doch dieses Mal wirklich alles anders machen als in den beiden Vorjahren?! Dazu hab ich mir mal ein paar Gedanken gemacht…

Nach einer sehr guten Hinrunde mit tollen Spielen und wenig Anlässen zur Kritik (die fünf sieglosen Spiele im Spätherbst mal ausgenommen), krönten sich die Rothosen zum Herbstmeister der zweiten Liga und stellten klar, dass der Aufstieg dieses Mal nur über sie laufen wird. Schließlich hatte man mit Simon Terodde DEN Goalgetter der Hinrunde, eine funktionierende Abwehr, ein formstarkes Mittelfeld und in der Tabelle drei bzw. vier Punkte Vorsprung auf die Verfolger aus Bochum und Kiel. Bis zum 20. Spieltag sollte sich das auch nicht groß ändern, doch dann gab es den ersten Dämpfer. Nach einer 3:1-Führung spielte man in Aue noch 3:3. Ein erster Warnschuss, der leider ungehört bleiben sollte.

Das Unheil nahm seinen Lauf

Die Mannschaft kam von ihrer Linie ab, im Auswärtsspiel in Würzburg beim Letzten (!) verlor man sang und klanglos mit 3:2 und auch im folgenden Stadtderby gegen St. Pauli setzte es eine schmerzhafte 1:0-Niederlage. Die Zweifel am Projekt Aufstieg wurden größer und auch erste Kritik am durchaus beliebten Trainer Daniel Thioune wurde laut. Gegen die folgenden direkten Konkurrenten aus Kiel, Bochum und Heidenheim mussten nun mindestens 7 Punkte her. Und sie folgten! Ein Unentschieden und zwei Siege später wähnte man sich wieder in der Spur…

… bis zum Ostersonntag (27. Spieltag) beim Auswärtsspiel in Hannover: Eine satte 3:0 Führung sollte nicht reichen, am Ende war man fast froh, noch 3:3 gespielt zu haben. Für mich DER K(n)ackpunkt der Saison! Danach ging kaum noch etwas, Punkte wurden reihenweise liegen gelassen und im corona-bedingten Nachholspiel beim Abstiegskandidaten Sandhausen wurde man mit einer (in der Höhe noch schmeichelhaften) 2:1 Niederlage nach Hause geschickt. Daniel Thioune wurde nach dem 1:1 zu Hause gegen den KSC (zu spät?!) beurlaubt und HSV-Legende Horst Hrubesch sollte aushilfsweise retten, was zu retten ist: den Relegationsplatz.

Nachdem Nürnberg 5:2 besiegt wurde, keimte nochmal Hoffnung auf, doch die folgende Niederlage in Osnabrück begrub endgültig die Aufstiegsträume. Der Sieg im Saisonfinale gegen Braunschweig war dann nicht mehr von Bedeutung, ein weiteres Jahr zweite Liga steht nun an. Doch was sind die Lehren aus dieser Saison, die so gut anfing und so schlimm endete?

Hängende Köpfe nach dem Spiel – zum Ende der Saison leider viel zu oft
(Bild: Getty Images)

Die Lehren der Saison…

Zuerst fallen einem nur negative Aspekte ein. Ein Aufstieg ist finanziell gesehen sicherlich notwendig für den finanziell gebeutelten Ex-Dino. Jedes weitere Jahr in der zweiten Liga sorgt für weitere Einnahme-Verluste, vor allem durch fehlende TV- und Sponsorengelder. Dies sorgt Jahr um Jahr für eine Abwärtsspirale, die nur ein Aufstieg durchbrechen kann. Dass zusätzlich die Einnahmen aus den Ticketverkäufen aufgrund der Pandemie fehlen, kommt noch erschwerend hinzu. Pro Heimspiel ohne Fans ist das beim HSV immerhin ein Defizit von rund 1,5 Millionen Euro!

War die Mannschaft falsch zusammen gestellt? Vor einem halben Jahr hätte ich nein gesagt. Eine erfahrene Achse mit gestandenen Profis wurde gekonnt ergänzt durch junge Spieler, die von den alten lernen können. Das brachte zuerst Punkte, führte dann aber im Laufe der Rückrunde auch zu den bekannten Problemen, als „die Alten“ verletzt waren oder ihre Leistung nicht mehr brachten. Die Jungen gingen dann mit unter. Und Trainer Thioune erreichte die Mannschaft nicht mehr, warum auch immer. Gerüchte über Unruhe in der Kabine gingen um und diese führte dann wohl auch zur Entlassung.

Das Chaos in der Führungsebene um Präsident Marcell Jansen kam dann noch obendrauf. Eigentlich sollte es die Mannschaft nicht sonderlich interessieren, was „dort oben“ passiert, nun aber liefert auch diese Episode einen Grund für das Scheitern des Teams in der entscheidenen Phase der Saison. Kommt einem auch irgendwie bekannt vor.

Ein durchaus positiver Ausblick

Ein erneuter Anlauf auf die ersten zwei bis drei Plätze wird sicherlich erfolgen, jedoch wird die Liga dichter und enger beisammen sein als je zuvor. Mit Schalke und Bremen kommen zwei Schwergewichte aus der ersten Liga, Köln eventuell auch noch, und aus der dritten steigen mit Rostock und Dresden ebenfalls keine Unbekannten auf. Von den etablierten Teams gibt es dazu sicher auch noch einige, die die Ambition auf Liga 1 haben. Eines steht fest, leichter wird es nicht werden, in die Bundesliga aufzusteigen. Und was mit einem neuen Trainer möglich ist, weiß man vorher mittlerweile leider auch nicht mehr.

Es ist aber bei weitem, so schmerzhaft der erneute vierte Platz auch wahr, nicht alles negativ. Im Gegenteil. Die neue Saison wird tatsächlich die stärkste und vor allem attraktivste zweite Liga aller Zeiten. Zahlreiche Traditionsvereine tummeln sich hier, mehr als im Oberhaus des deutschen Fußballs. Gegen Schalke hat der HSV schon immer gut ausgesehen, zwei weitere Stadtderbys gegen St. Pauli stehen an, der „geliebte“ Erzfeind von der Weser ist uns gefolgt, dazu Nürnberg, Karlsruhe, Hannover und Co. Ist mir persönlich lieber, als gegen Hoffenheim, Augsburg oder Mainz spielen zu müssen.

Hinzu kommt, dass zur neuen Saison endlich die Fans in die Stadien zurückkehren könnten. Bei den anstehenden Spielen sicher nicht der verkehrteste Zeitpunkt. Und wenn Auswärtsfahrten wieder erlaubt werden, gibt es wohl schlechteres, als seinen Verein zu Spielen in Düsseldorf, Bremen oder Dresden zu begleiten.

In der kommenden Saison hoffentlich wieder ein gewohntes Bild: ein proppevolles Volksparkstadion
(Bild: hsv.de)

Wenn nun noch die Mannschaft gut zusammen gestellt wird, ist mir vor einer erneuten Zweitligasaison nicht bange. Zumal das ungeliebte Montagsspiel wegfällt und durch ein Spiel am Samstagabend ersetzt wird. Da sind schöne Fahrten, sofern man wieder hin darf, garantiert (Kulturzug fährt immerhin bis Husum) 😉 Nun steht aber erstmal die Europameisterschaft auf dem Plan, bei der zu hoffen bleibt, dass sie sich mit der Corona-Pandemie einigermaßen verträgt. Zumindest sind Zuschauer in den Stadien wieder zugelassen, ein weiterer kleiner Schritt Richtung Normalität. Und wenn das Finale ausgespielt ist, sind es nur zwei Wochen bis zum Start der neuen Zweitligasaison. Das Kribbeln kommt also schneller wieder, als man noch vor einer Woche dachte… In diesem Sinne (und nun geht’s auch erstmal wieder nur mit Comics weiter):

NUR DER HSV!

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