
(Bild: Panini Verlag)
Was passiert eigentlich mit einem Superhelden, wenn niemand mehr gerettet werden will? Wenn die Stadt, für die er gekämpft hat, ihn vergessen hat? Wenn die Liebe seines Lebens tot ist – und er glaubt, daran Schuld zu sein? Spider-Man: Reign beantwortet diese Fragen. Und zwar auf eine Weise, die man entweder mutig, total verstörend oder absolut großartig finden kann – je nachdem, wie sehr man bereit ist, den freundlichen Netzschwinger aus der Nachbarschaft mal in einem völlig anderen Licht zu sehen.
„The Dark Knight Returns“ trifft auf Marvel
Man merkt sofort: Reign will keine typische Spider-Man-Geschichte sein. Kaare Andrews, der hier sowohl schreibt als auch zeichnet, macht von Anfang an klar, dass wir es mit einer düsteren, dystopischen Vision zu tun haben. Ganz wie Frank Millers „Batman: The Dark Knight Returns“. New York ist ein Überwachungsstaat geworden. Helden sind verboten. Peter Parker ist alt, müde – und völlig allein. Er lebt zurückgezogen, spricht mit dem Geist von Mary Jane, arbeitet als Florist (!), und hat seine Maske schon lange abgelegt. Klingt deprimierend? Ist es auch. Aber auf eine faszinierende Art.
Was Reign so besonders macht, ist nicht nur die Story, sondern wie kompromisslos sie erzählt wird. Peter Parker hier ist kein Witzeschleuderer mehr, sondern ein Mann, der sich selbst verloren hat. Und wenn er dann doch wieder ins Kostüm schlüpft, fühlt es sich nicht triumphal an, sondern tragisch. Eine Szene, die besonders für Furore gesorgt hat (Stichwort: Mary Jane und die „radioaktive Liebe“), ist definitiv… grenzwertig. Aber sie zeigt, wie sehr Reign bereit ist, Tabus zu brechen, um etwas Eigenes zu erzählen.
Optisch ist das Ganze rau, kantig, manchmal fast schon schmerzhaft anzuschauen – aber das passt. Kaum Farben, Licht nur, wenn es sein muss. Die Stadt ist grau, die Menschen gebrochen – aber genau das verstärkt die Wirkung.
Fazit
Spider-Man: Reign ist sicher nichts für Leute, die den bekannten fröhlich-flinken Peter Parker lieben. Es ist eine düstere, melancholische und stellenweise verstörende Zukunftsvision, die sich wie ein Nachruf auf die Superhelden-Ära liest. Aber genau das macht sie so besonders. Wer sich auf diese radikale Neuinterpretation einlässt, bekommt keinen perfekten Comic. Aber einen, der lange nachhallt.