Fables Deluxe-Edition: Band 10

Cover zu „Fables Deluxe-Edition: Band 10“
(Bild: Panini Verlag)

Mit dem zehnten Band der Fables Deluxe-Reihe legt Panini eine Ausgabe vor, die bewusst mit den Konventionen der bisherigen Serie bricht. Fables: Deluxe Band 10 vereint nicht nur die regulären Hefte #83–85, sondern auch Jack of Fables #33–35, die dreiteilige Miniserie The Literals sowie das eigenständige One-Shot Werewolves of the Heartland. Das Ergebnis ist ein Band, der weniger als klassischer Handlungsfortschritt funktioniert, sondern vielmehr als selbstreflexive Auseinandersetzung mit dem Medium Comic und dem Akt des Erzählens an sich.

Das große Crossover: Wenn Fiktion auf sich selbst trifft

Im Zentrum des Bandes steht das sogenannte „Great Fables Crossover“. Es führt Figuren aus der Hauptreihe und dem Spin-off Jack of Fables zusammen. Allen voran Jack Horner, der hier erneut beweist, dass er ein Held gegen seinen eigenen Willen ist. Die Bedrohung geht diesmal nicht von äußeren Feinden oder inneren Machtkämpfen in Fabletown aus, sondern von den Literals. Diese sind Manifestationen literarischer Konzepte wie Genre, Revision oder gar der Autor, Kevin Thorn, selbst. Er ist ein ein Literal, der die Macht besitzt, die Realität (und damit alle Fables) einfach „neu zu schreiben“. Der Konflikt, der daraus entsteht, ist weniger ein physischer als ein ideologischer: Was macht eine gute Geschichte aus? Wer kontrolliert es? Und was passiert, wenn Figuren beginnen, sich ihrer eigenen Konstruiertheit bewusst zu werden?

Der Stil dieser Hefte unterscheidet sich spürbar von vorherigen Deluxe-Bänden. Gefiel mir bisher vor allem die politische, gesellschaftliche und emotionale Tiefe von Fables, war mir diese Story viel zu sprunghaft und überdreht. Der Humor ist deutlich absurder, was insbesondere dem Einfluss von Jack of Fables geschuldet ist. Willingham gelingt es zwar, auch in diesen Passagen zentrale Fragen über die Struktur von Erzählungen klug zu erläutern, mir aber war es dennoch um einiges zu abgedreht.

Kontrastreich wird der Band durch die anschließende Story abgeschlossen. Diese Geschichte folgt Bigby Wolf auf seiner Suche nach einem geeigneten neuen Standort für Fabletown. Dabei stößt er auf eine Gemeinde von Werwölfen mit einer ganz eigenen Vorstellung von Gesellschaft und Herrschaft – und auf Spuren seiner eigenen Vergangenheit. Erzählerisch deutlich geerdeter und atmosphärisch dichter als das Crossover zuvor, bietet dieser Abschnitt ein willkommenes Gegengewicht. Und zeigt einmal mehr, warum Bigby zu den vielschichtigsten Figuren der Serie gehört.

Fazit

Fables: Deluxe Band 10 ist ein Band der Übergänge und Experimente. Statt klassischer Fortsetzung erwartet einen ein literarisches Gedankenlabor, das die eigenen narrativen Mittel auf den Prüfstand stellt. Der Spagat zwischen Meta-Kommentar und Fantasy-Drama gelingt nicht immer bruchlos. Aber er erweitert das Universum um eine Dimension, die zuvor nur angedeutet wurde: Die des bewussten Erzählens. Ergänzt durch die intensive Bigby-Geschichte am Ende ergibt sich ein vielschichtiges, manchmal sperriges, aber auch lohnendes Leseerlebnis – auch wenn ich persönlich das Crossover nicht zwingend gebraucht hätte.

Ich danke dem Panini Verlag für die Bereitstellung eines Rezensionsexemplares!

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